Ein Konzept für Integration von Ad-hoc-Netzwerke in ein lokal zentralisiertes, global dezentralisierte IoT
Die bisherige WH4.0-mäßige Kommunikation erfolgt über das zentrale S³I. Im Vergleich zu den zentralen Ansätzen ermöglichen dezentralen Ansätze mehr Privatsphäre und Autonomie, weil kein einzelner Benutzer oder Knoten die vollständige Kontrolle über das gesamte System haben können/dürfen. Darüber hinaus sind dezentrale Systeme vergleichsmäßig widerstandsfähiger gegen Datenverluste oder Hardwareausfälle (Single Point of Failure), da die Daten, insbesondere sensitive Identitätsdaten, dezentral oder auf mehrere Knoten verteilt gespeichert werden können. Ein weiterer technischer Grund in Bezug auf forstliche Anwendungsszenarien besteht in die geringe Mobilfunkverfügbarkeit im heutigen Wald, sodass eine Verbindung mit der zentralen IoT-Infrastruktur nicht steig möglich ist. Somit wird im Rahmen von Smart Forestry angestrebt, die Kommunikation Schritte für Schritte zu dezentralisieren.
Abbildung 18 illustriert das erarbeitete Konzept für eine lokal zentralisierte, global dezentralisierte Kommunikationsarchitektur für Smart Forestry. Wesentliche Komponenten in diesem Konzept sind unter anderem eine zentrale IoT-Infrastruktur (S³I), und mehreren lokal zentralisierten IoT-Infrastrukturen. In der zentralen IoT-Infrastruktur werden sowohl nach dem aktuellen Stand des WH4.0-Konzepts die Identitäten sowie Metainformationen der bestehenden WH4.0-Dinge, als auch die Metadaten der lokal zentralisierten IoT-Infrastrukturen gespeichert. Bedarfsorientiert kann jeder Organisation, z.B. BaySF-Produktionsteam, oder jedem Referenzszenario, z.B. Motormanueller Holzernte eine lokale IoT-Infrastruktur zugewiesen werden. Damit wird eine lokale, IoT-mäßige Kommunikation zwischen den in mit der Infrastruktur vernetzten WH4.0-Dinge realisiert. Darüber hinaus können lokal zentralisierte IoT-Infrastrukturen mit einem Internetzugang ausgestattet werden, über diesen ein Zugriff von außen auf die dortigen WH4.0-Dinge ermöglicht wird. Aus diesem Grund wird das Konzept als „lokal zentralisiert, global dezentralisiert“ bezeichnet.
Abbildung 18: Gesamte Kommunikationsarchitektur für Smart Forestry
5.2 Kommunikationsinfrastruktur
Die in diesem Abschnitt diskutierte Kommunikationsinfrastruktur bezieht sich nur auf die externe Vernetzung zwischen den WH4.0-Dingen. D.h. wie die Vernetzung innerhalb eines WH4.0-Dings erfolgt, z.B. wie ein Harvester-Kopf mit dem Bordcomputer kommuniziert, ist davon unabhängig. Strukturell werden in Unterkapitel 5.2.1 sowie 5.2.2 die End-to-End-Kommunikation von WH4.0-Dingen dargestellt. Am Ende wird der Aspekt „Cloud-Fähigkeit“ untersucht und dafür ein Konzept erarbeitet.
5.2.1 Ad-hoc-Netzwerke
Drahtlose Kommunikation im Wald erfolgt klassischerweise sehr dynamisch. Typischerweise kann die Konnektivität der Maschinen durch die Bewegung im Wald abgeschwächt oder verhindert werden. Außerdem wird die Kommunikation unter anderem stark durch die Wetteränderung beeinflusst. Zur Maximierung der Erreichbarkeit und Flexibilität von WH4.0-Dingen, werden mehrere Ad-hoc-Netzwerke aufgebaut, in denen WH4.0-Dinge als dynamische Knoten gekapselt werden und die Funkstrecken (eine direkte drahtlose kommunikationstechnische Verbindung zwischen WH4.0-Ding) in Unabhängigkeit von einer vorkonfigurierten Netzwerkinfrastruktur selbsttätig aufbauen und konfigurieren können. Die Ad-hoc-Netzwerke können durch die zugewiesenen Access Point(s) miteinander bzw. mit der (lokal,) zentralisierten IoT-Infrastruktur vernetzt werden. In dem Sinne ergibt sich dann ein Mesh-Netzwerk. In Smart Forestry wird untersucht, wie eine WH4.0-mäßige Kommunikation in Ad-hoc-Netzwerken stattfindet bzw. in die gesamte Kommunikationsarchitektur (siehe Abbildung 18) integriert werden kann. Die Auswahl der verwendeten Funktechnologie bzw. Ad-hoc-Protokolle werden hingegen wenig berücksichtigt. Hierbei liegt der Fokus hauptsächlich auf die Kommunikation „innerhalb eines Ad-hoc-Netzwerks“ (siehe Kapitel 5.2.1.3) und „von mehreren Ad-hoc-Netzwerken über lokal zentralisierten IoT-Infrastruktur“ (siehe Kapitel 5.2.1.4).
5.2.1.1 Registrierung
Für den Aufbau eines Ad-hoc-Netzwerks muss Vorkonfiguration getätigt werden, sowohl auf der lokalen Ebene (z.B. Netzwerk implementieren, ggf. Access Point aufsetzen) als auch auf der IoT-Ebene (z.B. Identität für das Netzwerk anlegen und Metainformation in die (lokal,) zentrale IoT-Infrastruktur schreiben). Die in diesem Abschnitt involvierte Registrierung bezieht sich auf die Vorkonfiguration des Ad-hoc-Netzwerks auf der IoT-Ebene. Dies ist in Abbildung 19 dargestellt. Im WH4.0-Kontext agiert das gesamte Ad-hoc-Netzwerk als spezielles WH4.0-Ding. Dementsprechend werden dem Ad-hoc-Netzwerk bei der Registrierung eine Identität und Metainformationen angelegt. In Abbildung 19 wird eine beispielhafte Metainformation von dem Netzwerk 4711 gezeigt, in dem unter anderem spezifiziert wird,
- wie es benannt wird (im Fall der Kommunikation via WiFi wäre es die SSID) via „name“
- ggf. wie das Password zu dem SSID ist via „psk“
- welche Endpoint(s) verfügbar sind, sodass ein Zugriff von außen möglich ist via „allEndpoints“
- und welche Node(s) in dem Netzwerk enthalten sind via „nodes“.
Abbildung 19: Registrierungsprozess eines Ad-hoc-Netzwerks als spezielles WH4.0-Ding Diese Informationen können dann zum Verbindungsaufbau mit einem Ad-hoc-Netzwerk und eine Kommunikation innerhalb eines Ad-hoc-Netzwerks oder über mehrere Netzwerke hinweg nützlich sein.
5.2.1.2 Teilnahme an einem Ad-hoc-Netzwerk
Unter der Teilnahme von WH4.0-Dingen an einem Ad-hoc-Netzwerk wird ein kommunikationstechnischer Verbindungsaufbau mit dem Netz verstanden, siehe Abbildung 20. Dafür sind diverse Informationen über das Netzwerk relevant, z.B. SSID und Password für ein Ad-hoc-Netzwerk mit WiFi.
Abbildung 20: Teilnahme an ein bestehendes Ad-hoc-Netzwerk
Zur Vereinfachung des Verbindungsaufbaus können die relevante Information in Smart Forestry durch die folgenden Möglichkeiten verfügbar gemacht werden:
- Besteht ein Internetzugang für den Teilnehmer, sucht er nach einem Ad-hoc-Netzwerk im Directory-Service.
- Besteht kein Internetzugang für den Teilnehmer, sucht er vor Ort im Wald nach einem Schild, worauf die relevante Information zum Verbindungsaufbau mit dem Ad-hoc-Netzwerk dargestellt ist. Nach dem kompletten Verbindungsaufbau werden die Metainformationen des Teilnehmers in das gesamte Netzwerk verbreitet, insbesondere sein Public Key, ID und Name.
5.2.1.3 Kommunikation innerhalb eines Ad-hoc-Netzwerks
Die Nutzung eines Ad-hoc-Netzwerks unterstützt WH4.0-Dinge bei der Kommunikation, insbesondere, wenn Sie im selben Moment keine Verbindung zum Internet haben oder einen Echtzeit-mäßigen Datenaustausch ermöglichen wollen.
Wie in Kapitel 2.4.2 vorgestellt stehen dazu proaktive und reaktive Routing-Protokolle zur Auswahl. Für eine Anwendung im Wald wird empfohlen, ein Tabellen-getriebenes proaktives Protokoll auszuwählen, z.B. Optimized Link State Routing Protocol (OLSR, siehe Kapitel 2.4.2.1). In dem Fall wird das Routing nur nach Bedarf betrieben, sodass im Netzwerk niemals ein Flooding passieren kann. Damit ergibt sich eine effiziente Vernetzung im (Kommunikations)ressourcen-beschränkt Wald.
Abbildung 21 zeigt eine schematische Darstellung des Prozesses für einen Nachrichtenversand innerhalb eines Ad-hoc-Netzwerks. Im Allgemeinen lassen sich die Kommunikationsschritte als Entdeckung, Auswahl, Wartung und Repräsentieren (siehe Kapitel 2.4.1) zusammenfassen. Hierbei wird nicht spezifiziert, was für Ad-hoc-Protokoll genau umgesetzt werden soll, sondern die Entscheidung lässt sich bei allen beteiligten WH4.0-Dingen treffen. Jeder Knoten (hier z.B. der Sender und der Receiver) repräsentiert ein WH4.0-Ding, von dem signierte Nachrichten im S³I-B-Format versendet, weitergeleitet oder empfängt werden. Die Authentifizierung bei dem Nachrichtempfänger erfolgt zwecks Vereinfachung des Prozesses lediglich durch die Verifizierung der Signatur.
Abbildung 21: Nachrichtenversand innerhalb eines Ad-hoc-Netzwerks
5.2.1.4 Kommunikation von mehreren Ad-hoc-Netzwerken über (lokal,) zentralen IoT-Infrastruktur
Ein Ad-hoc-Netzwerk kann mit einem oder mehreren Access Points ausgestattet werden. Darüber können verschiedene lokale Ad-hoc-Netzwerke miteinander vernetzt und zu einem Mesh-Netzwerk gestaltet werden. Unter der Nutzung von der (lokal, ) zentralisierten S³I-Infrastruktur lässt sich eine IoT-mäßige Vernetzung zwischen WH4.0-Dingen aus verschiedenen Ad-hoc-Netzwerke ermöglichen (siehe Abbildung 22), in denen ein Access Point zusätzlich als Gateway agiert, der dann die auszutauschenden Nachrichten zwischen verschiedenen Protokollen übersetzt.
Abbildung 22: vernetzte Ad-hoc-Netzwerke über die zentrale S³I-Infrastruktur
Abbildung 24 zeigt einen Nachrichtenversand über die zentrale S³I-Infrastruktur. Hierzu wird insbesondere ausdetailliert spezifiziert, wie Ad-hoc-Netzwerke mit einem AMQP-Broker (S³I-Broker) integriert werden. Insgesamt wird eine Broker-Queue jedem Access Point zugewiesen. Auf diese werden dann alle Nachrichten an das Netzwerk, welchem der Access Point gehört, zwischengespeichert. Darüber hinaus wird ein Topic-Exchange im Broker angelegt, der dann die gesendeten Nachrichten sortiert nach dem angegebenen Routing-Key an die entsprechende Queue weitergeleitet. Beim Nachrichtenversand muss die Nachricht verschlüsselt und signiert werden. Abbildung 23 spezifiziert wie ein Routing Key, die beim Nachrichtenversand angegeben werden muss, aufgebaut wird.
Abbildung 23: Routing Key
Abbildung 24: Nachrichtenversand über mehrere Ad-hoc-Netzwerke hinweg bis zur zentralen IoT-Infrastruktur